Im Folgenden veröffentlichen wir einen Artikel, den wir im Fachmagazin von museum.de zur Einführung unseres neuen Audioguides geschrieben haben. Er liefert einen Einblick in die Gefühlswelt eines beeindruckten Gasts, der unser Krippenmuseum in Klüsserath besucht hat.
Geht man in Klüsserath an der Mosel von der Kirche an den alten Winzerhäusern vorbei, findet man am Fuße der berühmten Weinlage Klüsserather Bruderschaft ein sehr schön renoviertes Winzerhaus. „Domus Praesipiorum – Haus der Krippen“ ist dort angeschlagen. Und ist das da oben im Giebel, an der Mosel passend mit Schiefer eingedeckt, ein Stern? Was mag sich hinter dem Tor mit der Glasmalerei befinden?
Weihnachtskrippen im Weindorf
Wir treten neugierig ein, von der rechten Seite schallt ein fröhliches „Herzlich willkommen!“ zu uns. Vor uns in einer Glasvitrine, eine Holzfigur, ein segnendes Jesuskind. Auf unsere Frage „Was ist das hier?“ macht der nette Museumsmitarbeiter ein ungläubiges Gesicht: „Sie sind in Klüsserath unterwegs und haben noch nicht von unserem Krippenmuseum gehört?“ Er erklärt es uns: „Etwa um das Jahr 2007 stand dieses um 1680 gebaute Haus kurz vor dem sprichwörtlichen Verfall. Bevor es dazu kam, haben wir, die Klüsserather Krippenfreunde, das denkmalgeschützte, ehemalige Winzergebäude gekauft und mit Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz neu aufgebaut und renoviert. So ist es mit viel Eigenleistung und der Förderung gelungen, bis 2010 einen Platz für etwa 100 ganz unterschiedliche Weihnachtskrippen zu schaffen, die ganzjährig angeschaut werden können.“
Okay, das kam jetzt unerwartet: In dieser schönen Weingegend hätten wir ein solches Museum nicht vermutet. Von außen ist das Winzerhaus sehr schön renoviert und hat einen Fassadenwettbewerb gewonnen. Auch innen setzen sich alte Mauerreste und original Holzbalken ab und schaffen so eine Verbindung zwischen Gebäude und Ausstellungsstücken. Ein Personenaufzug macht den Besuch barrierefrei. Wir bezahlen den Eintritt und beginnen unseren Durchgang…
Jede Krippe erzählt ihre Geschichte
Nach etwa zwei Stunden sind wir ganz überwältigt von den vielfältigen Eindrücken, die jede dieser Krippen bei uns hinterlässt. Keine Spur von Langeweile, jede Krippe ist anders und lässt jeweils ihren Anteil an dem reichen Schatz der Weihnachtskrippe wirken. Wir haben gelernt, dass es Weihnachtskrippen in unterschiedlichen Settings gibt: Heimatliche Krippen versetzen die Geburt Jesu in unsere kulturelle und oftmals auch örtliche Nähe, während orientalische Krippen mit ihrem Baustil das Geschehen im Israel der römischen Zeit darstellen. Neben zeitgenössischen Krippen haben wir historische, weit mehr als hundert Jahre alte Krippen gesehen. Diese Krippen hatten damals aufgrund des verbreiteten Analphabetismus noch Missionscharakter – eben das visuelle Darstellen des Wort Gottes. In einem weiteren Teil der Ausstellung haben wir erlebt, dass Krippenbauen und ‑schauen nicht nur in unserem Kulturkreis Eingang gefunden hat, sondern in aller Welt zuhause ist. Und in welch unterschiedlichen Formen Weihnachtskrippen gebaut werden können: Kasten- und Dioramenkrippen fangen mit ihrer perspektivischen Bauweise den Betrachter regelrecht ein und vermitteln den Eindruck mittendrin zu stehen. Simultankrippen mit mehreren Szenen oder ein Krippenblock stellen das Leben Jesu in mehreren Szenen gleichzeitig dar. Krippen aus unterschiedlichen Materialien, wie zum Beispiel Papierkrippen, Krippen in Tiffany-Art oder Weihnachtsikonen sind ebenfalls zu sehen.
Hilfreiche Erklärungen
Nach den ersten Exponaten haben wir uns Unterstützung genommen, wir lassen uns führen. Seit neuestem gibt es sogar ganz coronakonform Audioguides in mehreren Sprachen, und sogar einer für Kinder (https://www.museum.de/audioguides/5248/lang). So erhalten wir hilfreiche Erklärungen, die ansonsten fehlen. Es fängt an mit der eben schon erwähnten Glasmalerei im Eingangstor, die ganz viel Symbolik bereithält, und dem segnenden Jesuskind aus dem 18. Jahrhundert. Ebenfalls wird der Träger des Museums, der Verein der Klüsserather Krippenfreunde, näher vorgestellt: Etwa 300 Mitglieder haben sich zusammengeschlossen, um Krippendarstellungen auf religiöser, künstlerischer und volkskundlicher Grundlage zu fördern und weiter zu verbreiten. Das nicht nur durch das Museum, sondern auch durch Kurse rund um den Krippenbau.
Wir erhalten anhand von unterschiedlichen Krippen Informationen zu Material oder zu bekannten Krippenkünstlern, aber auch zu entsprechenden Traditionen. Anhand von Anekdoten und diesen Hintergrundinformationen merken wir: In Krippen steckt sehr viel Arbeit, eigentlich hat jedes Detail einer Krippe durch den Erbauer einen tieferen Sinn erhalten. Und wir merken auch: Krippenbauen verbindet. Wie viele unterschiedliche Personen am Museum und an den Krippen mitgewirkt haben, haben sie doch alle eine gemeinsame Basis. Sogar wenn die Sprache als Barriere wirkt, wie beispielsweise die zahlreichen italienischen Krippenmeister, die künstlerisch sehr hochwertige Krippen für das Museum gefertigt haben.
Achtung: „Krippen-Virus“
Uns kribbelt es jetzt in den Fingern: So eine eigene, selbst gebaute Krippe würde sich doch in unserem Wohnzimmer gut machen? Wir fragen den Experten an der Kasse. Der erklärt uns, dass eigentlich jeder eine Krippe bauen kann. Das haben unzählige Kurse des Vereins gezeigt, und meistens bleibt es nicht bei einer Krippe. Diese Leute sind dann vom „Krippen-Virus“ infiziert. Und die selbst gebaute Krippe kann mit Zubehör oder Krippenfiguren aus dem Verkaufsraum bevölkert werden.
Wir treten hinaus auf die Straße und ziehen Resümee: Ein tolles Erlebnis. Man bemerkt im Gespräch mit den Mitarbeitern die Leidenschaft für ihr Hobby, und das Bedürfnis anderen Personen dies näher zu bringen. Im Museum sind nicht nur die Exponate selbst künstlerisch wertvoll und professionell präsentiert, z.B. in Ausleuchtung und mit der Liebe zum Detail. Die Exponate sind in ihrem Ensemble in diesem alten Gemäuer perfekt abgestimmt, um in das weite Feld der Weihnachtskrippe heranzuführen. Und wenn man dann noch Fragen hat, stehen mit dem Verein der Klüsserather Krippenfreunde ein unerschöpfliches Reservoir an Möglichkeiten offen. Der Kurzum: Ein Besuch, der lange in Erinnerung bleibt und der unbedingt zu empfehlen ist, nicht nur zur Weihnachtszeit! Er weckt Weihnachtsgefühle in jeder Jahreszeit.
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