Fließt die Mosel jetzt durch Bayern, besitzt es dort eine rheinische Enklave oder wird man sogar aus der Region Trier beherrscht? Nichts von alledem trifft natürlich zu: Aber die Landestagung der Bayerischen Krippenfreunde am 18. und 19. November 2011 wurde – schon zum zweiten Mal nach 1997 – in Klüsserath abgehalten, ein dem Verband seit 1982 angeschlossener Ortsverein. Das beliebte, über 1300 Jahre alte Weindorf mit dem sprichwörtlichen Charakter („So lang wie Klüsserath“) ist vor allem auch durch die Freundlichkeit und Fröhlichkeit der Bewohner und durch die außergewöhnlichen Krippenaktivitäten bekannt: ein reiches Vereinsleben, eine Krippenbauschule u.a. mit Meisterkursen und dazu ein bedeutendes Krippenmuseum. Und zur Landestagung mit etwa 400 Teilnehmern – auch aus Österreich und der Schweiz – wurde sogar ein Grußwort aus dem Vatikan geschickt. Es zelebrierte der Trierer Bischof und moderierte der bischöfliche Wein-Verkaufsleiter namens Engel eine ausgiebige Weinprobe.
Krippe als Element der Kultur und des Glaubens
Nach einem „ganz herzlichen Grüßgott“ der Klüsserather Präsidentin Pia Madert würdigte Landrat Günther Schartz am Samstag bei der offiziellen Eröffnung in der Festhalle die Landestagung als ein „herausragendes Ereignis“. Er bescheinigte dabei den Aktivitäten des örtlichen Krippenvereins: „Ein hoher geistiger Anspruch wird erfüllt, in „beeindruckender Weise“. Und Bürgermeister Norbert Friedrich lobte „seine“ Krippenbauer als „höchst künstlerisch tätige und kreative Menschen“. Ein Grußwort sprachen anschließend auch Bundestagsabgeordnete Manfred Nink (Trier) und die Obfrau Anni Jaglitsch vom Tiroler Landeskrippenverband, die „die Krippe als Element unserer Kultur und unseres Glaubens“ charakterisierte.
„Wir fühlen uns hier sehr wohl“, eröffnete Verbandspräsident Martin Martlreiter die Mitgliederversammlung. Der Vorsitzende erörterte zunächst kurz die „Spannungslagen“ zwischen Lebenswirklichkeit, Tradition und Moderne, Krippenbau und Glaube. Er hob dabei hervor: „Wir müssen uns immer bewähren und vergegenwärtigen“. In seinem Rückblick bezeichnete er das vom Verband herausgegebene Buch „Geschichte der Krippe in Bayern“ als „ein Highlight“ und „ein optimales Geschenk“. Besonders wichtig sei die Solidarität. „Wir brauchen starke Ortsvereine, um einem kraftvollen Landesverband das Wirken zu ermöglichen“, betonte der Präsident.
Außerdem sei die Ökumene eine christliche Verpflichtung, die uns Christus der Herr selbst aufgebe. „Eine gute Ökumene lebt vom Respekt und Vertrauen“. Die drei „V“ – Verständnis, Verlässlichkeit und Vertrauen – seien für das Miteinander der Christen nötig. Der Vorsitzende erinnerte außerdem kurz an seine Fahrt mit Oberpfälzer Krippenfreunde nach Rom und die persönliche Begegnung mit dem Papst am 19. Oktober. Er gratulierte Johann Dendorfer (Furth im Wald) zum Amt des Präsidenten des Weltkrippenverbandes UN-FOE-PRAE und freute sich über den neuen Ortsverein Donauwörth.
Wichtigkeit von sozialen Kontakten und ideellen Zielen
Ausführlich wurde über drei Anträge diskutiert, die Manfred Weiß (Krippenfreunde Amberg) zu den etwa 300 Austritten der Krippenfreunde Werdenfelser Land und der damit verbundenen finanziellen Situation des Verbandes gestellt hatte. Die Kommentare, Einschätzungen und Vorschläge dazu waren recht unterschiedlich. Vizepräsident Klaus Porten fasste zusammen: „Wir alle“ seien freiwillig, ehrenamtlich für die Krippe tätig. Wenn man sage, man brauche den Verband nicht, dann sehe man den Krippengedanken falsch, dann sei man „ein Haufen wilder Egoisten“. Es gehe aber nicht nur um Materielles, wichtig seien vor allem die sozialen Kontakte und ideellen Ziele des Verbandes. Und dazu sei die Zeitschrift als Verbandsorgan wichtig. Fast einstimmig wurden dann die Anträge bis zur Mitgliederversammlung 2012 zurückgestellt und die Bildung einer entsprechenden Kommission beschlossen. Diese soll „aus dem Vorstand und weiteren kompetenten Personen bestehen. Der Vorstand benennt die Kommission“.
Die Jahresrechnung 2010 und den Haushalt 2011 erläuterte anschließend Geschäftsführerin Alexandra Reinhard. Der Antrag der Kassenprüfer auf Entlastung wurde einstimmig angenommen.
Ehrenmedaillen für zwei besondere Krippenfreunde
Begleitet jeweils von einer ausführlichen Laudatio wurden zwei Ehrenmedaillen des Verbandes verliehen. Ausgezeichnet wurde Siegfried Schmeller (Bad Tölz), der – nach den Worten des Verbandspräsidenten – „konsequent, klar und zielbewusst“ der Krippe „auf den Grund hin“ nachgespürt habe, besonders mit der vielbeachteten Jahreskrippe in Haar, seinen markanten Ausstellungen und einem bemerkenswerten Buch. Die Ehrenmedaille erhielt ebenfalls der „Allroundkönner und Künstler“ Josef Wagner (München), der „feinsinnig, erfindungsreich und nimmermüde“ viele Krippen und Ausstellungen gestaltet und Figuren geschnitzt habe. Zusätzlich wurden zahlreiche weitere Mitglieder geehrt, die lange dem Verband angehören: 95 für 25 Jahre, 12 für 40, neun für 50 und vier für 60 Jahre.
Abschließend informierte der Vorstand über die Orte der künftigen Landestagungen informiert. Die nächste findet am 13. Oktober in Kutzenhausen bei Augsburg statt. Über das vorläufige Programm, konzentriert auf einen Erfahrungsaustausch und praktische Vorführungen, berichtete Ortsvorsitzender Rudi von Wyschetzki.
Schon am Freitag konnte man drei Ausstellungen besuchen. In der Grundschule waren etwa 100 Krippen zu sehen, in recht unterschiedlicher Art und Weise vor allem in den letzten zwei Jahren gebaut. Manche Besonderheit und viele Anregungen waren hier zu finden. Eine noch größere Vielfalt, meist wertvolle Objekte aus mehreren Ländern und Zeiten, konnte man im Krippenmuseum „Domus praesepiorum“ entdecken. Und im Gemeindehaus konnte man Weihnachtsfenster bestaunen, die zum Thema „Auf der Suche nach Licht“ von Künstlern gestaltet waren. Insgesamt ein breitgefächertes Angebot, das sich wirklich sehen lassen konnte. Hier und zu allen anderen Veranstaltungen ernteten die Klüsserather großes Lob, besonders vom Verband.
Hilfsreiche Hoffnungen für die Zukunft
Mit einem unterhaltsamen und informativen „Moselländischen Heimatabend“ hatte die Landestagung für viele schon am Freitagabend begonnen. Unterstützt von einer kräftigen Winzervesper moderierte Erwin Engel, der kundige und launige Verkaufsleiter der Bischöflichen Weingüter Trier, eine abwechslungsreiche Weinprobe.
Die kirchliche Feier fand dann am späten Samstagnachmittag in der Pfarrkirche „Rosenkranzkönigin“ statt. Zusammen mit Diözesanbischof Dr. Stephan Ackermann zelebrierten Dechant Berthold Fochs, Ehrenpräsident Thomas Frauenlob und Präsident Martin Martlreiter einen festlichen Gottesdienst, musikalisch gestaltet von der St. Josef-Schola der Klüsserather Krippenfreunde. In seiner Predigt konzentrierte sich der Bischof auf die Krippe. Gott sei wehrlos und schutzlos in die Welt gekommen, gleichsam wie ein Fremder.
Nur einige Gerechte seien bereit gewesen, auf seine Botschaft einzugehen: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Gott nehme uns in die Verantwortung, ein „liebender Mensch zu sein“. Christus sei aber auch der „gute Hirte“, der zu Hilfe komme. „Je mehr, je länger ich auf die Krippe schaue, umso mehr fasziniert mich das Bild der Krippe als geheimnisvoller Ort“, betonte Dr. Ackermann. Alle kämen, auch gegensätzliche Personen und Tiere. Die Krippe zeige nicht nostalgisch eine heile Welt, verleugne nicht das Gebrochene der Welt. Aber von ihr strahle ein Hoffnungspotential aus, das in die Zukunft gerichtet sei. Dieses Bild der Sehnsucht würden die Krippenfreunde gestalten.
Das Pontifikalamt endete mit einer päpstlichen Grußbotschaft aus dem Vatikan.
Ein Festabend in der Festhalle beschloss die Landestagung. In der Rolle des Propheten Jesaja verkündete Krippenfreund Roland Scholtes den künftigen Messias, Thomas Schwab und Band (Mühlheim/Mosel) spielten und sangen vor allem weihnachtliche Weisen in moderner Art. Und auch eine Kindertanzgruppe trat auf.
Manche Reisegruppen nutzen die Gunst der Gegend, verweilten in einer der sympathischen „Straußwirtschaften“ oder durchstreiften die „Heilige Stadt“ Trier, vor allem auf den Spuren römischer und mittelalterlicher Sehenswürdigkeiten, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen.
Guido Scharrer